19. und 20. Jahrhundert
Nachdem die Zeit des Josephinismus und der Franzosenkriege beträchtliche Einschnitte für das Stift brachte, begünstigte die Wiedereröffnung der theologischen Hauslehranstalt 1804 das geistige Leben der Göttweiger Mönche.
Das Jahr 1848 brachte mit der Staats- und Verwaltungsreform die Auflösung der Grundherrschaft und damit auch große Schwierigkeiten für das Stift, das sich erst an die neuen Verhältnisse gewöhnen musste.
Das wissenschaftliche Interesse der Patres jener Zeit galt nicht nur theologischen Fächern, sondern auch anderen Wissensgebieten - so wurde etwa der Archivar Pater Friedrich Blumberger wegen seiner Arbeiten zur Mittelaltergeschichte zu einem der ersten Mitglieder der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Der "Höhlenpfarrer" Pater Lambert Karner widmete sich künstlichen Höhlen und Erdställen. Pater Leopold Hacker war nicht nur Mineraloge und Insektenkundler, er entdeckte auch die Gudenushöhle.
Pater Benedikt Kissling stieß bei seinen botanischen Forschungen auf eine neue Erd-Orchidee, die heute noch seinen Namen trägt.
Durch seine frühzeitlichen Bodenfunde erlangte Abt Adalbert Dungel bedeutenden Ruf als Archäologe. Dafür wurde ihm 1886 als hohe Auszeichnung der Franz Joseph-Orden verliehen.
Der Erste Weltkrieg war für das Stift, wie für die ganze Region um den Göttweiger Berg, eine schwere Zeit. Nach dem Ende der Monarchie konnte man sich nicht so schnell auf die neuen Umstände einstellen.
Im Zweiten Weltkrieg werden die Mönche aus dem vom NS-Regime beschlagnahmten Stift vertrieben, das Haus wird als "Napola" (nationalpolitische Erziehungsanstalt) und auch als Umsiedlerlager verwendet.
1945 quartieren sich für mehrere Wochen 3000 russische Soldaten im Klostergebäude ein, ehe die vertriebenen Patres am 15. August 1945 wieder nach Göttweig zurückkehren konnten. Jedoch schienen die Wiederaufbauarbeiten menschliche Kräfte zu übersteigen. Als Abt Hartmann Strohsacker 1946 verstarb, bezweifelte man auch kirchlicherseits die Chancen für einen Neubeginn und die Existenzberechtigung Göttweigs.