Sonntag 5. Mai 2024
Predigten

Maria glaubt mit Leib und Seele und sie betet mit Leib und Seele.

 

Lieber Herr Abt, Pater Prior, liebe Mitbrüder,

liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer!

 

Es gibt bedeutendere Wallfahrten als die nach Göttweig. Es gibt bei Monatswallfahrten anderswo größeren Wirbel, mehr Menschen und lauteren Gesang. Es gibt, man möge mir verzeihen, kunsthistorisch gesehen auch schönere Gnadenbilder als die Pieta dieses Klosters.

 

Für mich sind diese Gnadenmutter, dieser Ort und diese heutige Feier, zu der mich der Konvent von Göttweig eingeladen hat, trotzdem etwas ganz Besonderes. Denn:

  • Vor diesem Gnadenbild der Pieta habe ich das Rosenkranzbeten gelernt.

  • An diesem Ort habe ich 1987, ich war damals Novize im Stift, die erste Monatswallfahrt, die Altarweihe und viele nachfolgende Gottesdienste erlebt; unter anderem die Silberhochzeit meiner Eltern.

  • Und ich darf in dieser Eucharistiefeier eine kleine Kloster-Nachprimiz begehen. Das hat für mich Bedeutung, weil ich in diesem Haus fünf prägende Jahre meines Erwachsen-Werdens verbracht habe. Die Gemeinschaft von Göttweig, das Klosterleben, das hat mich geprägt.

Die Bilanz dieser Prägejahre ist eine positive, und das sage ich nicht, weil ich Euch schmeicheln möchte. Ich rede nicht von den Turbulenzen jener Jahre und den menschlichen Schwächen, die jeder von uns hatte, sondern ich meine die Erfahrung des Unterwegs-Seins, die ich mit Euch machen durfte: Christus hinterher! – oder mit unserem verstorbenen Abt Clemens gesagt: Christus entgegen!

 

Dieses Unterwegs-Sein war für einen jungen Menschen wie mich ein Abenteuer! Aber es war nicht ziellos, sondern geprägt von einer uralten Ordnung – der Regel des heiligen Benedikt. Schweigen können, Allein-Sein-Lernen, ins Psalmengebet hineinwachsen, das geistliche Lesen lernen und richtig (!) arbeiten müssen – schließlich auch die Freude am guten Wein zu entdecken –, das waren Gaben dieses Klosters, von Euch Mönchen. Ich konnte diese reichen Erfahrungen in den Jahren danach so vielfältig nutzen. Und auch heute, als Wiener Diözesanpriester bin ich im Herzen ein Benediktiner geblieben

 

Ich habe die schwierigen Seiten und Zeiten in diesem Haus nicht vergessen – aber ich möchte es Euch heute sagen und ich sage es auch weiter: Das ist ein gutes Kloster.

 

Liebe Mitbrüder, bitte nehmt meinen tief empfundenen Dank an. Ich bitte Gott, dass er Euch in der Freude am Unterwegs-Sein mit Christus weiter wachsen lasse. Ihr habt mit der Benediktsregel ein Patentrezept, wie Christus niemanden verloren gehen lässt, selbst wenn er vom Weg abweicht. Dafür bin ich Zeuge mit meinem Leben, wenn Ihr schon meinen Worten nicht glauben wollt.

 

In diesem Moment möchte ich mit Maria die Größe des Herrn preisen. Auch sie hat die Erfahrung des mit Christus Unterwegs-Seins gemacht, den sie auf dem Weg zu Elisabet in ihrem Leib mitgetragen hatte.

 

Das Wallfahrten ist ebenso ein Gehen mit Maria auf Christus hin – Christus entgegen. In der Adventzeit wird diese Erfahrung noch intensiver, dichter, spürbarer. Elisabeth spürt, dass sich da was tut, bei einem Menschen, der Christus mit sich trägt. Die Begegnung trifft sie, sogar massiv körperlich: Ihr Sohn hüpft in ihrem Leib.

 

Und so spricht auch uns Maria an – ich brauche es Ihnen, treuen Marienverehrern, nicht zu erklären, und den Benediktinern schon gar nicht, die das Marianische in sich tragen. Deren alte Väter, wie Bernhard von Clairvaux oder Aelred von Rievaulx haben gewusst, dass eine Herzensliebe zu Christus und eine Spiritualität, die in der Erfahrung und dem Gefühl wurzeln soll, das weibliche Prinzip braucht.

 

Das männliche UND das weibliche Prinzip müssen im Kloster wachsen dürfen. Andernfalls pervertiert die personale Liebe zu Christus. Entweder ist das Ergebnis dann ein raues, glattes, managerhaftes Machotum oder der Mönch gleitet ab in eine unfruchtbare fromme Lauheit. Das maskuline Prinzip der Christusnachfolge braucht die Ergänzung durch eine feminine Spiritualität, die das Gefühl bejaht. Die monastische Tradition vermittelt das weibliche Prinzip in vier "Sphären" des geistlichen Lebens: Anima, Sapientia, Ecclesia und Maria.

 

Aber Maria ist nicht nur Gefühl. Das darf auch unser Glaube nicht sein. Wir müssen uns selbst und den Menschen Antworten geben auf die Fragen, die uns doch alle bedrängen und von denen wir bedrängt werden: Gibt es denn wirklich einen Gott für diese Welt? Kann man das wirklich glauben, dass Jesus unser Retter ist, der kommen wird, Gott und Mensch zugleich? Und Maria seine Mutter?

 

Das Glauben fällt schwer heutzutage – und das Erklären noch mehr. Ich will trotzdem eine Deutung wagen, die das marianische Prinzip aufnimmt in den Erklärungsnotstand unseres Glaubens:

Von Maria sind nur ganz wenige Worte überliefert. Das zentrale Wort heißt Fiat – mir geschehe, wie du gesagt hast, sagt sie zum Engel. Das stellen sich viele so fromm und naiv vor: so passiv, Hände in den Schoß und frommer Augenaufschlag nach oben...

 

Aber: Maria sagt das Fiat nicht aus einer frömmelnden Seele heraus, sondern sie sagt es mit Leib UND Seele. Ihr Körper war ja vom Ja zu Gott total betroffen: Sie wird schwanger mit Gottes Wort und bringt Jesus zur Welt. Bei ihr geht’s immer körperlich zu, immer ist die ganze Maria gefordert: wenn sie nach Ägypten fliehen muss, wenn sie später ihrem umherwandernden Sohn (ohne Erfolg) nachreist, wenn sie seine Verurteilung verfolgt und schließlich unter seinem Kreuz steht.

 

Das Lied, das ihr Lukas im heutigen Evangelium in den Mund legt, ist kein abgehobenes theologisches Gesülze, sondern sehr konkret und irdisch --- es könnte Joan Baez in Woodstock 1969 gesungen haben: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen, die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehn."

--- We shall overcome, some day... Anderswo nennt man das soziale Revolution.

Ich nenne das einen leiblichen Glauben: Maria glaubt mit Leib und Seele und sie betet mit Leib und Seele.

 

Maria hat schließlich Jesus in ihrem Körper getragen, sie hat Gott ver-körpert. Seither wissen wir: Das Fleisch, das Irdische, Materielle ist für Gott bedeutsam: Seit Maria wissen wir, wo Gott wohnt: im Körperlichen, im Leib der Menschen und der Tiere, in der Schöpfung.

 

Wenn Gott das Leibliche so wichtig ist, dass er darin wohnt, dann sollten auch wir es ernst nehmen. Dann sollten wir marianisch sein.

  • Wenn wir marianisch sind, dann müssen wir mit und durch unseren Leib beten. Unser Körper ist nicht ein Hindernis auf dem Weg zu Gott, sondern er ist der Weg zu Gott. Gebet ist nicht nur ein Ereignis, das sich im Geist abspielt. Essen ist wichtig, Sexualität ist wichtig, Wirtschaft ist wichtig, das verantwortungsvolle Verwalten der Natur ist wichtig: Alles das ist Gebet.

  • Wenn wir marianisch sind, dann muss uns das Leben der ganzen Schöpfung ein Anliegen sein. Mit Maria gesprochen: Gott erhöht, er vergöttlicht das Niedrige: den armen Menschen, den behinderten Menschen, den ungeborenen Menschen; das Tier, das leidet wie wir, wo Menschen es ausbeuten.

  • Wenn wir marianisch sind, dann sind wir für das Lebendige, Fleischliche, Körperliche ganz offen. Anders als körperlich will auch Gott nicht aufgenommen werden. So auch jetzt, in dieser Stunde: wenn wir Eucharistie feiern und den Leib des Herrn empfangen dürfen.

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